Grötzingen - Knittelberg

Grötzingen wurde am Fuß des Knittelbergs errichtet. Dieser Ausläufer des Kraichgau ist schon seit Jahrhunderten Kulturland und wurde vor allem für Streuobstwiesen und Äcker genutzt, die Randbereiche früher auch als Weinberge. Der Knittelberg ist von fruchtbarem Löss bedeckt, an den Rändern hat die Erosion bereits das darunter liegende Kalkgestein zu Tage gebracht. Hohlwege, ehemalige Acker- oder Weinbergterrassen und Steinbrüche sind Zeugen der früheren Nutzung.

Die Strecke ist circa 3,5 km lang und lässt sich gut kombinieren mit der Route Grötzingen-Bergwald. Vieles  am Weg lässt sich das ganze Jahr über betrachten, die Strukturen der alten Kulturlandschaft, wie die Hattenkellenhohle, oder die Gesteine. Einige Zeiten im Jahr halten besondere Aspekte für die Spaziergänger bereit. Etwa von Mitte April bis Mitte Mai blühen in der Hattenkellenhohle zahlreiche auffällige Pflanzen. In den Streuobstwiesen blühen um diese Zeit die Obstbäume und in der ersten Maihälfte sind die Wiesen mit den gelben Blüten der  "Butterblume" überzogen.

Die Tour beginnt im alten Ortskern von Grötzingen, wo sich eine Reihe historischer Gebäude befinden. Die Wege auf dem Knittelberg sind zwar befestigt und grundsätzlich für den Rollstuhl/ Kinderwagen passierbar, aber die Zugänge über die Hattenkellen- und Reithohle sind sehr steil.

1 - Historisches Grötzingen

Das Grötzinger Rathaus ist eines der schönsten alten Rathäuser der Region. 1583 erbaut, wurde der obere Teil im 30jährigen Krieg zerstört und 1668 in seiner heutigen Gestalt wieder aufgebaut. Das Erdgeschoss ist gemauert, damit das Gebäude die früher oft verheerenden Pfinzhochwasser besser überstehen konnte. An den Ecksteinen sind die Wasserstände einiger besonders extremer Pfinzhochwasser aufgetragen.  

Im Ortskern von Grötzingen stehen noch zahlreiche historische Gebäude

Die Straßen im alten Ortskern verlaufen noch heute so wie vor über 200 Jahren, Das zeigt ein Vergleich mit einer Karte von 1794.

Bemerkenswert ist, dass der Knittelberg direkt hinter dem Grötzinger Ortsrand zur Gemarkung Durchlach gehörte. Grötzingen erstreckte sich damals schon zu beiden Seiten der Pfinz. Auf der historischen Karte lässt sich am Fuß des Turmbergs Schloss Augustenberg erkennen, sowie die Steigstraße, die ehemalige Hauptverbindungsstraße in das Pfinztal.

Auch einige Landschaftsstrukturen sind noch heute erkennbar. So der steile Geländerand am Knittelberg, in dem heute die Reithohle verläuft. Eine Wegverbindung bestand damals offensichtlich noch nicht, vermutlich weil das Gelände auf Durlacher Gemarkung lag. Den Steinbruch im Speitel gab es damals schon. Im Talgrund dagegen haben sich durch den Bau der B10 und der Eisenbahnlinie sowie die Regulierung der Pfinz kaum noch alte Landschaftstrukturen erhalten. Im Ansatz lässt sich noch erkennen, dass es neben der Pfinz noch einen Seitenkanal gab.

Links am Rathaus vorbei führt uns der Weg in die Niddastraße. Nach 400 m gabelt sich die Straße und der Weg führt nach rechts in die Weingartner Straße und dann, nach weiteren 100 m nach rechts in die steil ansteigende Straße In der Setz (alternativ kann man auch schon 100 m vor der Weingartner Straße den  steilen aber stimmungsvollen Treppenaufgang benutzen). Oben angekommen geht es nach links am Kindergarten vorbei. Auf der rechten Seite, beim Bolzplatz liegt unser nächstes Ziel.    

2 - Steinbruch In der Setz

Hinter dem Bolzplatz sind 3-4 Meter hohe Felswände erkennbar. Es sind die sichtbaren Reste eines verfüllten Steinbruchs, als Hinweis auf  eine alte Steinhauer- und Steinmetztradition in Grötzingen. Um das Dorf gab und gibt es mehrere Steinbrüche. Asche (Asche Susanne 1991: Eintausend Jahre Grötzingen. Die Geschichte eines Dorfes, Karlsruher Stadtarchiv Bd. 13) schreibt dazu: „Einen Aufschwung des Steinhauerwesens brachte dann der allgemeine Wiederaufbau des 18. Jahrhunderts, die Steinhauer wurden zur ersten bedeutenden Handwerkergruppe im ansonsten bäuerlichen Dorf,“ und weiter „Als bei der Erneuerung des Stadtprivilegs Karlsruhes im Jahr 1752 festgelegt wurde, dass die bisher hauptsächlich aus Holzhäusern bestehende Stadt nunmehr in Stein zu bauen sei, gab es einen weiteren Aufschwung für die Steinhauer. So richteten manche Grötzinger wie Thomas Kumm, die Witwe Schweitzer und Valentin Michel an der Stelle ihrer schlechten Weinberge neue Steinbrüche ein. Die zunächst hölzerne kleine Kirche neben dem Karlsruher Marktplatz wurde z. B. mit Grötzinger Sandstein neu gebaut.“  

Die heute noch vorhandenen Steinbrüche sind allerdings im Privatbesitz, dorthin können wir Sie nicht führen. Andere wurden verfüllt, wie der große Steinbruch im Bergwald, der seit den 70er Jahren als Mülldeponie genutzt wurde. In der Oberen Setz ist die einzige Stelle, die wir Ihnen zeigen können. Steine aus diesem Steinbruch wurden für den Bau des Durlacher Schlosses verwendet. Hier sehen Sie etwas besonderes, die Grenze zwischen zwei Gesteinen, dem oben liegenden graufarbenen Muschelkalk und dem darunter liegenden Buntsandstein.  Mehr über diese Gesteine erfahren Sie hier  Gesteine  

Wir verlassen den Bolzplatz nach Norden, wo die Straße am Knittelberg endet, gehen abwärts in die Ziegeleistraße und gleich wieder nach rechts in die Straße Am Liepoldsäcker. Diese geht am Ende in einen Feldweg über, der uns direkt zur Hattenkellenhohle führt.

3 - Hohlweg

Noch im flachen Teil der Hohle, zweigt nach links ein Weg ab. Er führt am Hang des Knittelbergs Richtung Rheintal hin (und verbindet mit Route Grötzingen-Bergwald). Allgemeines über die Entstehung des Löss und der Hohlwege lesen Sie bitte hier nach Hohlwege. Schon Ende März erscheint das Scharbockskraut (Ficaria verna), das kleine Poster bilden kann (mehr dazu hier:  Scharbockskraut).

Um die gleiche Zeit, kann das Buschwindröschenblühen und der Bärlauch (Allium ursinum) schiebt seine ersten auffällig breiten Blätter aus dem Boden, bevor er Ende April blüht.Während das Buschwindröschen meist nur vereinzelt in der Hohle wächst, bedeckt der Bärlauch große Teile des Böschungsfußes.

Stellenweise, oft nur vereinzelt, lassen sich ab der 2. Aprilhälfte  die Goldnessel, die Einbeere und evtl. der Nieswurz finden. Die Goldnessel (Lamium galeobdolon) lässt sich leicht an dem aufrechten Stängel erkennen an dem die gelben Blüten in Etagen angeordnet sind. In der Hohle kommt eine Variante vor, bei der die Blätter nicht durchgängig grün, sondern großenteils weißlich-silbrig gefärbt, und dadurch leicht zu erkennen sind.   Die Einbeere (Paris quadrifolia) ist leicht anzusprechen. An ihrem aufrecht stehenden Stängel stehen nur vier Blätter und am Ende eine einzige Blüte. Achtung, die ganze Pflanze ist giftig, besonders die spätere Beere. Der  Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus) kann schon früh im März blühen bis in den April hinein. Auch ohne Blüten ist er an den Blättern leicht zu bestimmen. Sie sind so tief eingekerbt, das die meist 6-8 lanzettförmigen Teile wie einzelne Blätter wirken.

Nach  circa 200 m macht der Hohlweg eine scharfe Biegung, danach steigt das Gelände auf der linken Seite steil an. Hier lassen sich noch Geländeterrassen erkennen, die früher wohl mit Reben bestanden waren. Weiter oben, im Gewann Löwlensgrund, ist das Gelände flacher und wurde früher als Acker genutzt, wie aus der historischen Karte hervorgeht (siehe unten).

Weiter oben ist auf der linken Seite der Löss abgetragen und das Kalkgestein liegt frei. An einem von Moos und Efeu bewachsenen, kaum mehr sichtbaren Felsstück wächst ein Bestand des Hirschzungenfarn. Mit seinen ganzrandige Wedeln unterscheidet er sich deutlich von den anderen heimischen Farnen, die immer stark gegliederte Wedel haben. Die Hirschzunge wurzelt in Spalten feuchter, felsiger Hänge und Schluchten, gelegentlich auch an feuchten Mauern.    

Ein kleines Stück weiter ist das Kalkgestein gut aufgeschlossen und zeigt den sogenannten Wellenkalk. Ein hoher Kalkgehalt (und geringer Tongehalt)  macht den Wellenkalk hier besonders hart, so dass sich die namensgebende wellige Oberfläche sehr schön erkennen lässt  

4 -Alte Eiche

100 m weiter mündet auf der rechten Seite ein Weg in die Hohle, auf dem wir die Hohle verlassen.

An der Ecke steht eine alte Eiche. Auch sie zeigt an, dass das Gelände vor 100-200 Jahren altes offenes Kulturland war in dem wohl nur vereinzelt Waldbäume standen. Die tief ansetzenden dicken Seitenäste der Eiche deuten darauf hin, dass sie schon seit ihrer Jugend ein einzelner Baum war. Bäume die im Verband stehen, wachsen in die Höhe, dem Licht entgegen und die unteren Zweige verkümmern und sterben ab

5 - Landschaft vor 200 Jahren und heute

Nun öffnet sich die Landschaft und wir finden uns wieder inmitten von Wiesen und Obstbäumen.

Wie sah die Landschaft am Knittelberg vor 200 Jahren aus? Die Karte aus dem Jahr 1794 weist für den Knittelberg großflächigen Weinbau nach. Die steilen Randbereiche zum Rhein- und Pfinztal hin waren vollständig von Weingärten bedeckt (wovon ein beträchtlicher Teil damals noch zur Durlacher Gemarkung gehörte). Am Knittelberg und am Turmberg wurde schon seit dem Mittelalter Wein angebaut. Der Weinbau war in Grötzingen jahrhundertelang ein bedeutender Wirtschaftszweig. Die flacheren Lagen des Knittelbergs wurden für den Ackerbau genutzt. Den die Grötzinger ansonsten nur noch um den Turmberg und in den auslaufenden Flächen des Knittelbergs zum Rheintal hin betrieben. 

Vieles Interessante über die historische Landwirtschaft in Grötzingen lässt sich nachlesen bei: Mössinger, Wilhelm (1965): Grötzingen, Gemeindeverwaltung Grötzingen Asche, Susanne (1991): Eintausend Jahre Grötzingen. Die Geschichte eines Dorfes, Karlsruher Stadtarchiv Band 13.  

 

 

Weiter geht es, an Wiesen, Obstbäumen und Feldgehölzen vorbei, bis wir nach rund 500 m die Reithohle erreichen.

6 -Hohlweg mit Kalkgestein

In der Reithohle finden sich einige interessante Aufschlüsse von Kalkgestein, etwa Steinbänder, an denen anschaulich wird, dass die Schichten in Richtung Rheingraben ansteigen, dass also die Erdoberfläche hier angehoben wurde.  Oder ein Aufschluss von Wellenkalk, der aber bröckeliger ist als in der Hattenkellenhohle, weil hier der Tonanteil höher ist. Weil vieles bereits überwachsen und von Blattwerk bedeckt ist, lässt sich das Gestein vom späten Herbst bis zum zeitigen Frühjahr am besten anschauen. Mehr dazu erfahren Sie unter Gesteine

Der Weg führt nun wieder hinab in den alten Ortskern, durch den sich ein Rundgang lohnt.

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Anfahrt und Zustand der Route

Öffentliche Verkehrsmittel:  Mit den Linien S4 oder S5 bis zur Haltestelle Bahnhof Grötzingen. Bis zum Rathaus Grötzingen sind es etwa 400 m zu Fuß. Vom Bahnhof Grötzingen kann man auch mit den Buslinien 21 und 22 zum Rathaus gelangen. Eine Alternative wäre mit der Straba Linie 1 nach Durlach zu fahren bis zur Endstation Turmberg und dort in die Buslinien 21 oder 22 umzusteigen.  

Fahrrad: Verschiedenen Untergründe von Asphalt, Verbundsteine, Erde, insgesamt gut befahrbar. Die Route ist aber geprägt von starken Steigungen.

Rollstuhl, Kinderwagen: Ungeeignet, vor allem wegen der starken Steigungen.