Strukturen und Biotope der Rheinniederung

Von 1817 bis 1874 wurde der Rhein zwischen Basel und Mannheim begradigt, indem die weit ausgreifenden Flussschlingen durchstochen und vom neuen Flusslauf abgetrennt wurden. Der 1. Durchstich erfolgte bei Karlsruhe-Knielingen. Das Denkmal für den Initiator und Planer diese Werkes, Johann Gottfried Tulla,  steht auf Höhe des Rheinabschnittes, an dem 1817 die Arbeiten begonnen wurden. ein Die Begradigung sollte zu einer höheren Fließgeschwindigkeit führen und der Rhein sich dadurch stärker eintiefen.           

  • Das versprach  die Hochwassergefahr zu verringern, wozu auch durchgehende Dämme beitragen sollten, die in meist über einem Kilometer entfernt  vom Rhein, errichtet wurden und somit noch eine respektable Überflutungsfläche, die Aue beließen;
  • den Grundwasserstand zu senken, zum Vorteil der landwirtschaftlichen Nutzung: Anstatt der bisher vorherrschenden Nutzung als Viehweiden und Wiesen für Einstreu wäre verstärkt die ackerbauliche Nutzung möglich. Zusätzlich kämen die alten verlandenden Rheinschlingen langfristig als landwirtschaftliche Fläche in Betracht.
  • günstigere Bedingungen für die Schifffahrt, was wegen der damals noch geringen Bedeutung anfangs noch ein untergeordneter Beweggrund war. Max Honsell setzte Tullas Werk ab 1907 fort, vor allem im Hinblick, auf die ganzjährige Schiffbarkeit. Quer zum Ufer verlaufende Schotterdämme (Buhnen),  zwingen das Wasser bei Niedrigwasser in die Fahrrinne.  

In den 1930er Jahren wurden neue Hochwasserdämme nahe am Rhein errichtet.

Links; Um 1797: Rechts:Veränderungen bis 1838 durch die Rheinkorrektion. Der Rhein wird begradigt. Dabei ereignet sich ein ungewollter Durchbruch des Rheins, der heutige Altrhein Rappenwört Quelle: Schmitt´sche Karte von 1797, Blatt 33; Rheinlaufkarte von 1838, Blatt 18. Bearbeitung, H. Volk, 2009

Auenwälder: Die Aue ist der Teil einer Flussniederung, der bei Hochwasser überschwemmt wird. Sie wird geprägt von den starken Wasserschwankungen zwischen Hoch und Niedrigwasser, von strömungsbedingten Abtragungs- und Ablagerungsvorgängen. Die Auenwälder sind an die Überschwemmungen angepasst. In den tiefer gelegenen, häufiger und länger überschwemmten Bereichen herrschen andere Baumarten vor als in den höher gelegenen. Man unterscheidet zwei Zonen. Die Weichholzaue kann bis zu 200 Tagen im Jahr überflutet werden. Kennzeichnend für diesen Auenbereich sind die hochwassertoleranten Weidengebüsche und Silberweidenwälde.

Als Hartholzaue dagegen bezeichnet man höher gelegene, nicht so oft überflutete Bereiche, die im Jahr bis zu 50 Tage unter Wasser stehen. Die vorherrschenden Baumarten sind Stieleiche, Feld- und Flatterulme, weshalb man von Eichen-Ulmenwald spricht.

Zwar gab es bereits vor der Rheinkorrektion umfangreiche Dammbauwerke in der Rheinniederung, und als Folge bestand bereits eine erhebliche Fläche der Rhein- niederung aus Wiesen und Feldern. Mit der Korrektion und dem durchgängigen Bau neuer Dämme wurde ein weiterer Teil der Aue von Überflutungen abgeschnitten, mehr als die Hälfte der Karlsruher Rheinniederung. In dieser Altaue  haben sich gravierende Veränderungen vollzogen. Weitere Waldflächen wurden gerodet und in Ackerland umgewandelt.  Allerdings darf man sich die Silberweidenbestände der Überflutungsaue vor der Rheinkorrektion nicht als Wälder mit stattlichen Bäumen vorstellen. Weil das weiche Holz der Weide nicht als hochwertiges Bauholz taugt, wurde es nach wenigen Jahren geschlagen und zu Bündeln geschnürt mit denen man Dämme befestigte, Ufer sicherte und Ablenkbauwerke errichtete. Die Weiden schlugen wieder aus und wurden nach einigen Jahren wieder  geschnitten, sodass vornehmlich gebüschartige Weidenbestände bestanden. Erst nachdem die Maßnahmen der Rhenkorrektion wirkten konnten hochwertige Baumarten gepflanzt werden, wie Eiche, Esche, Ulme und es entstanden nach und nach die heutigen beeindrucken Hochwälder. Im Frühjahr, vor der vollen Ausbildung des Laubdaches, entwickelt sich in den bodenfeuchten Wäldern der Altaue eine dichte Krautschicht. Besonders auffällig ist der Bärlauch, der im April und Mai weite Flächen mit einem weißen Blütenteppich überzieht  

Mit dem späteren Bau der rheinnahen Hochwasserdämme in den 1930er Jahren, wurden die Überflutungsbereiche dramatisch eingeengt und damit der Lebensraum des Silberweidenwaldes. Der größte Silberweidenwald in Karlsruhe liegt südlich von Rappenwört. Ansonsten gibt es noch kleinere Bestände am Hedel, in Höhe des Grünen Wassers, der Südspitze des Knielinger Sees und des Jachthafens.   Nun wurden weitere Flächen für die Landwirtschaft genutzt  und Siedlungsflächen dehnten sich großflächig in die Niederung aus. Große Waldflächen blieben in Karlsruhe vor allem südlich des Rheinhafens erhalten.

Dämme: Hochwasserdämme in der Rheinniederung verlaufen entlang des Rheins, und auch entlang der Alb. Ältere Dämme aus Zeiten der Rheinkorrektion finden sich auch weiter im Hinterland, etwa entlang früherer Rheinarme. Obwohl die Dämme  in grundwassernahen Gebieten mit feuchten Böden stehen, sind sie selbst ein relativ trockener Standort. Die schrägen Flanken leiten Niederschläge schnell ab und sind verstärkt der Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Dort gedeihen deshalb Pflanzen, die Trockenheit ertragen, wie z.B. Salbei.  Werden sie ein bis zweimal im Jahr gemäht, können Hochwasserdämme sehr blütenreich sein und ein wertvoller Lebensraum für Insekten wie Wildbienen und Schmetterlinge.

Altrheinarme mit Verlandungszonen: Altrheinarme liegen in unterschiedlichen Stadien vor, je nachdem wann sie entstanden sind, Die ältesten, die vor Jahrhunderten vom Rhein abgetrennt wurden sind inzwischen verlandet und ohne offene Wasserfläche kaum mehr zu erkennen. In den grundwassernahen Senken bilden sich Nass- oder Feuchtwiesen, selten sind größere Schilfflächen erhalten geblieben.  Jüngere Altrheinarme bilden noch flache Seen. Das Ufer ist gesäumt von Röhricht und die Wasserfläche ist  teilweise mit  Schwimmblattpflanzen, wie Teichrosen, bedeckt. Neben flachen Seen, die auf ehemalige Reinarme zurückgehen, gibt es in der Karlsruher Rheinniederung auch mehrere künstliche Seen, die durch Sand- und Kiesabbau entstanden sind. Sie sind meist mehrere Meter tief, mit steilen Ufern und wenig Röhricht und Wasserpflanzen. Eine Ausnahme sind die Saumseen in der Frischlach. Dort wurde einst Ton und Lehm gewonnen weshalb sie nur flach ausgebeutet wurden und heute in eine naturnahen Zustand sind. 

Gräben und Tümpel mit Röhricht In den landwirtschaftlich genutzten Flächen der Rheinniederung finden sich zahlreiche Gräben. Diese dienten in erster Linie der Entwässerung des zeitweise hoch anstehenden Grundwassers. Teilweise wurden sie auch zur Bewässerung von Wiesen mit nährstoffreichem Fluss- und Abwasser genutzt, den Wässerwiesen.

Feldflur mit Feuchtwiesen, Röhricht und  Obstbäumen: Feuchtwiesen waren noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Wirtschaftsform in der Rheinniederung. Heute sind sie nur noch vereinzelt anzutreffen. Schon früh wurden große Wiesenflächen zwischen Daxlanden und Knielingen, sowie bei Neureut mit nährstoffreichen Wasser bewässert.

Obstbäume wurden erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts als wichtiger Beitrag für die Nahrungsgrundlage der Bevölkerung erkannt und ihre Verbreitung gefördert. Nachdem die Rheinkorrektion ihre Wirkung entfaltet hatte,  wurden die ehemaligen Überflutungsflächen kultiviert, wobei auch der Obstbau eine Rolle spielte. In der Burgau bei Knielingen wurden bereits 1852 über 2000 Obstbäume gepflanzt. Hier, wie auch in der Fritschlach bei Daxlanden und bei Neureut gibt es auch heute noch Obstbaumbestände in der Altaue.